Der öffentliche Verkehr gehört in den Mittelpunkt öffentlicher Debatten

Die Klimakrise zeigt ihre Folgen aktuell drastischer denn je. Während wir jetzt mit den
Folgen lang verfehlter Energiepolitik umgehen müssen, war der Sommer mal wieder der
heißeste, den wir je erlebt haben. Und während wir hier versuchen, die Auswirkungen
unmittelbarer Krisen abzumildern, nehmen die künftigen Folgen der Klimakrise mit jedem
Tag zu, an dem wir so viel CO2 ausstoßen wie bisher.

Doch im Gegensatz zu anderen akuten Krisen haben wir es bei der Klimakrise selbst in
der Hand. Wir wissen sehr genau, welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, um CO2
einzusparen und wir wissen, dass bereits über ein Grad Erwärmung unumkehrbar einge-
treten sind. Mit drastischen Folgen, wie wir sie aktuell noch nicht für vorstellbar halten.

Und ganz besonders im Verkehrssektor brennt die Hütte.

Der Verkehrssektor hat seit 1990 keine nennenswerten Emissionen eingespart. Durch
den einseitigen Fokus auf einzelne Verkehrsmittel wurden Investitionen in den öffentli-
chen Verkehr eingekürzt und die Mittel lange Zeit primär für Straßeninfrastruktur ausge-
geben. Schienen wurden rückgebaut und Buslinien eingestellt.

Viele Jahre wurde sich bei klimapolitischen Maßnahmen auf andere Sektoren kon-
zentriert und der Verkehrssektor ausgespart. Dafür haben wir keine Zeit mehr und das
Fazit sehen wir am Schienennetz in ganz Deutschland. An allen Stellen fehlt es an Inves-
titionen.


Durch das Neun-Euro-Ticket wurde der öffentliche Verkehr nun dahin gerückt, wo er hin-
gehört: In den Mittelpunkt öffentlicher Debatten. Die Menschen zeigen gerade eindeutig,
dass sie umsteigen möchten. Aus Klimagründen. Und aus Kostengründen. Diese Mög-
lichkeit möchten wir ganz deutlich unterstützen!

Deshalb finden wir es auch wichtig, dass das Ministerium die Gespräche über eine Nach-
folgelösung des Neun-Euro-Tickets führt und eine Einigung anstrebt. Wir als Land wer-
den die Nachfolgelösung nicht blockieren.

Aber das Neun-Euro-Ticket hat auch den Ruf nach einem öffentlichen Verkehr, der auch
auf die Nutzung vieler Menschen ausgerichtet ist, sehr viel lauter werden lassen.
Und diesen haben wir aktuell noch nicht, das hat das Neun-Euro-Ticket ganz deutlich
gezeigt.

Ich halte es aber für viel zu einfach, zu sagen, das Neun-Euro-Ticket wäre ungerecht für
alle Menschen, bei denen der ÖPNV noch nicht ausreichend ausgebaut ist, während die
notwendigen Mittel aus dem Bund, die genau für diesen Ausbau vorgesehen sind, noch
immer ausbleiben.
Wenn Anreize Menschen in den öffentlichen Verkehr bringen sollen, dann brauchen wir
jetzt die entsprechenden Investitionen, die die notwendigen Anreize setzen.

Deswegen ist es jetzt unsere Aufgabe, einen gut funktionierenden, schnellen und pünkt-
lichen öffentlichen Verkehr als Grundlage für eine Verkehrsverlagerung voranzutreiben.
Wer schnell mit Zug oder Bus von A nach B kommt, lässt eher das Auto stehen. Und das
größte Potential zum Einsparen liegt im Regionalverkehr.
Das heißt: Wer Menschen zum Umsteigen bewegen möchte, muss den Nahverkehr stär-
ken! Was bringt uns ein Deutschlandtakt, wenn Pendler*innen mit der Bahn nicht die
nächste Stadt erreichen? Oder dreimal umsteigen müssen?

Wir haben in Schleswig-Holstein mit dem OdeS Gutachten eine ideale Grundlage dafür
entwickelt. Alle notwendigen Daten liegen uns vor. Wir haben einen Landesnahverkehrs-
plan erstellt und die Projekte priorisiert. Doch der Landesnahverkehrsplan reicht in seiner
aktuellen Form nicht aus, um unsere Klimaziele einzuhalten. Wir brauchen noch deutlich
mehr.

Das Einzige, was wir bislang nicht haben, sind die notwendigen Mittel. Und nun sorgt die
Energiekrise für starke Preissteigerungen im ÖPNV. Ohne eine finanzielle Kompensation
werden wir Verkehre abbestellen müssen. Das kann und darf nicht unsere Antwort auf
die Energiekrise sein.

Und ganz ehrlich: Eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel in der im Koalitionsvertrag
vorgesehenen Höhe, die für die Anschlusslösung des Neun-Euro-Tickets, Kompensation
der massiven Preissteigerungen und für den dringend nötigen Ausbau gleichzeitig auf-
kommen soll, ist doch wieder ein Paradebeispiel dafür, wie der öffentliche Verkehr zu-
sammengespart wird. Das reicht vorne und hinten nicht!

Und ja, wir können sehr gerne beim kommenden Haushalt darüber diskutieren, wie wir
auch mehr eigene Landesmittel für den öffentlichen Verkehr einplanen können, dafür
werde ich mich mit Sicherheit einsetzen. Was wir allerdings nicht können, ist, mit Landes-
mitteln die gesamte Verkehrswende zu finanzieren. Der Bund hat sich bei der Übertra-
gung der Zuständigkeit des ÖPNVs auf die Länder dazu bekannt, die notwendigen Mittel
dafür bereitzustellen.


Es braucht also Rückenwind vom Bund. Da sind sich alle Länder einig. Und eigentlich
auch der Bund, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Also, wenn wir jetzt die Wei-
chen dafür stellen wollen, dass Menschen künftig klimaneutral mobil sein können und
eine Ausweichmöglichkeit bei hohen Spritpreisen bekommen, müssen wir wirklich losle-
gen.

Ich würde mich freuen, wenn wir hier ein gemeinsames Signal senden, wie es so viele
andere Länder mit gleicher Problematik auch tun.

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